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  • Ralf Dewenter

Die Schnapsidee des Tankstellenrabatts oder Die Entflechtung der Mineralölkonzerne



Dass der kürzlich eingeführte Tankrabatt nicht die beste Idee der Ampel-Koalition war, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Ganz abgesehen davon, wie viel nun von der Steuererleichterung bei den Verbrauchern ankommt, ist dieses Mittel auch alles andere als zielgenau. Ganz im Gegenteil, werden adverse Anreize gesetzt, indem Vielfahrer und Fahrer von verbrauchsstarken Kfz besonders entlastet werden. Darüber hinaus ist der Effekt auch schnell wieder verpufft und der Benzinpreis wieder deutlich angestiegen.


Wie groß der Anteil ist, der vom Tankrabatt an den Verbraucher durchgereicht wurde, ist nicht ganz klar. So ist in letzter Zeit der Ölpreis wieder gestiegen, was zu einer Kostenerhöhung der Mineralölkonzerne und steigenden Benzinpreisen führen musste. Ebenso stellt sich aber die Frage, was eigentlich in einer kontrafaktischen Situation, also ohne Tankrabatt, passiert wäre. Das Ifo-Institut hat in einer Studie herausgefunden, dass wohl der größte Teil des Rabatts wohl – zumindest im Vergleich zu Frankreich, wo es bereits im April eine ähnliche Maßnahme gab – weitergegeben worden ist. Dennoch sind auch die Margen der Mineralölkonzerne gestiegen, was eher auf ein wettbewerbliches Problem im Markt deutet. Tatsächlich hat der Bundeswirtschaftsminister das Verhalten der Konzerne kürzlich zum Anlass zu genommen, eine Verschärfung des Kartellrechts anzukündigen und unter anderem ein missbrauchsunabhängiges Entflechtungsinstrument einzuführen.


Die Einführung eines solchen Entflechtungsinstruments ist allerdings keine neue Idee und man kann sich durchaus fragen, warum dem Bundeskartellamt nicht schon lange die Möglichkeit eingeräumt wurde, im Zweifel auch strukturelle Maßnahmen durchzuführen. Allein die Drohung des Amtes, eine Entflechtung (quasi als Ultima Ratio) durchzuführen, könnte schon disziplinierend wirken. Natürlich dürfte dieses Mittel nur vorsichtig angewendet werden, da es massive Eingriffe in die Eigentumsstruktur von Unternehmen bedeuten würde und großflächige unsystematische Eingriffe womöglich schwere Auswirkungen auf das Investitionsklima in Deutschland hätten.


Ob eine Entflechtung der Mineralölkonzerne allerdings sinnvoll wäre und etwa den Benzinpreis wirklich senken würde, ist dagegen stark zu bezweifeln. Die Mineralölkonzerne sind vertikal integriert, sind also sowohl auf der Produktionsstufe als auch im Vertrieb der Kraftstoffe tätig. Die großen Konzerne wie Aral, Esso, Shell und Total sind also in der Lage, den Verbraucherpreis für ihre Produkte zu setzen, was sich auch regelmäßig in den höheren Preisen im Vergleich zu anderen Tankstellen niederschlägt – die ihre Kraftstoffe übrigens auch von den großen Konzernen beziehen.


Würde man nun die Konzerne nun vertikal entflechten, entstünde auf beiden Märkten (der Produktion und dem Vertrieb) eine oligopolistische Struktur. Bei der Produktion wäre das Oligopol sicherlich etwas enger und auf der Vertriebsstufe etwas weiter, jedoch wäre auf beiden Stufen mit einer gewissen Marktmacht zu rechnen. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Situation weiter verschlechtern würde: Durch die vertikale Separierung würde die Gefahr der doppelten Marginalisierung bestehen. Sowohl auf Ebene der Mineralölkonzerne, als auch bei den Vertriebsunternehmen würden es zu Preisaufschlägen kommen. Da die Tankstellen das Benzin zum Großhandelspreis einkaufen und selbst einen Preisaufschlag realisieren, steigt damit der Preis über den, der sich bei vertikal integrierten Unternehmen ergibt.


Wie stark der Preisanstieg ausfällt, hängt letztendlich davon ab, wie hoch die Wettbewerbsintensität auf den beiden Stufen ist. Da diese aber wohl vor allem auf der Produktionsstufe eher gering ist, wäre eine Entflechtung der Mineralölkonzerne keine Lösung des Problems hoher Benzinpreise.


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